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Autor: Claudia Kern 15.03.2005
Schon immer gab es Menschen, die behaupteten, übernatürliche Kräfte zu haben. Genauso lange wird auch schon diskutiert, ob es solche Fähigkeiten wirklich gibt. Die Rechtsprechung hat in diesem Bereich eine eindeutige Stellung bezogen. Zunächst zwei Beispiele:
Frau A. ist alleinerziehende Mutter von einem behinderten Kind. Sie geht häufiger zu einer "Wahrsagerin", um Hilfe in ihrer schweren Lebenssituation zu bekommen. Eines Tages sucht die Wahrsagerin Frau A. in ihrer Wohnung auf, um ihr die Karten zu legen. Bei Betreten der Wohnung gibt sie vor, dort eine negative Kraft zu spüren. Um der Sache genauer auf den Grund zu gehen, bittet sie Frau A., ein rohes Ei aus dem Kühlschrank zu holen. Dieses zerdrückt sie in einem Handtuch und zeigt dann auf eine schwarze Stippe im Eidotter. "Das ist der Teufel", sagt sie, "den müssen wir austreiben." Für die Teufelsaustreibung verlangt sie ein Entgelt von 5.000 DM. Frau A. vereinbart mit der Wahrsagerin einen neuen Termin zur Austreibung und verspricht, das Geld zu beschaffen.Doch Frau A. wird misstrauisch und informiert die Polizei. Diese stellen der Wahrsagerin eine Falle und nehmen sie bei dem Versuch fest, Frau A. zur Zahlung der 5.000 DM zu bewegen.
Im zweiten Fall bietet ein "Wahrsager und Hellseher" so genannte Liebeszauber an. Er behauptet, magische Fähigkeiten zu besitzen, mit denen er Partner zusammenführen könne. Dafür verlangt er ein Entgelt von 1.050 DM. Die Betroffene, die gerade von ihrem Partner verlassen wurde, beauftragt diesen Hellseher, ihren ehemaligen Lebensgefährten zur Rückkehr zu bewegen. Nachdem der gewünschte Erfolg nicht eingetreten ist, verlangt sie die Rückzahlung des Betrags.
Gerichte haben in unterschiedlichen Zusammenhängen, so auch in den Beispielsfällen, entschieden, dass Verträge, in denen eine übersinnliche Leistung versprochen wird, tatsächlich objektiv unmöglich sind. Das heißt, der Anbieter kann die übersinnliche Leistung nicht erbringen und wird von seiner Leistungspflicht befreit, § 275 Abs. 1 BGB. Natürlich kann er dann dafür auch kein Entgelt mehr verlangen, § 326 Abs. 1 BGB.
So wurde auch der Vertrag über die "Teufelsaustreibung" als unmöglich eingestuft. Das Gericht ging davon aus, dass es eine offenkundige, allgemein bekannte Tatsache sei, dass niemand einen Teufel austreiben kann.
"Okkulte Behauptungen dieser Art bewegen sich außerhalb der geltenden Erfahrungssätze und wissenschaftlichen Erkenntnisse und damit auch außerhalb der auf den Naturgesetzen beruhenden Regeln menschlichen Zusammenlebens. Derartige angebliche Fähigkeiten und Erscheinungen sind lediglich dem Glauben oder Aberglauben, der Vorstellung oder dem Wahne angehörig; sie können, als nicht in der wissenschaftlichen Erkenntnis und Erfahrung des Lebens begründet, vom Richter nicht als Quelle realer Wirkungen anerkannt werden.1
Das führte zu dem Ergebnis, dass die Hellseherin die versprochene Leistung (Teufelsaustreibung) nicht erbringen konnte und deshalb von Frau A. nicht die vereinbarten 5.000 DM verlangen durfte.
Im Rahmen der Entscheidung zur Anwendung des Liebeszaubers auf parapsychologischer Grundlage führte das erkennende Gericht darüber hinaus an, dass - wenn man davon ausginge, dass die Unmöglichkeit einer solchen Dienstleistungen nicht offensichtlich sei - der Wahrsager zumindest beweisen müsste, dass die von ihm angebotene Leistung möglich ist.
"Denn wer sich auf parapsychologische Tatsachen beruft, deren Existenz jeglicher Lebenserfahrung widerspricht und deren Existenz auch durch naturwissenschaftliche Forschung bislang nicht nachgewiesen werden konnte, den trifft die Beweislast für diese Tatsachen. Es ist nicht Aufgabe eines Skeptikers, jede absurde Behauptung zu widerlegen."2
Jedoch steht einem Hellseher zum Beweis der Möglichkeit einer Einflussnahme durch einen Liebeszauber kein geeignetes Beweismittel zur Verfügung. Die Einholung eines parapsychologischen Sachverständigengutachtens kommt nämlich nicht in Betracht. Ein solches Gutachten ist kein im Prozess zulässiges Beweismittel im Sinne der Zivilprozessordnung. Denn auch parapsychologische Gutachten sind von der Naturwissenschaft nicht als allgemeingültige und gesicherte Erkenntnisse anerkannt.3
Darüber hinaus wäre zum Beispiel der Liebeszauber-Vertrag (ginge man von der Möglichkeit der Leistung aus) sittenwidrig und damit nichtig, § 138 BGB. Ein Vertrag, durch den sich ein Vertragsteil verpflichtet, einen Dritten seiner freien Willensbestimmung zu berauben (indem man ihn durch mentale Beeinflussung zu einer Partnerschaft bewegt), verstößt gegen die guten Sitten und könnte sogar als Nötigung oder Freiheitsberaubung qualifiziert werden.4
Das bedeutet im Ergebnis, dass es sich bei dem Liebeszauber ebenfalls um eine unmögliche Leistung handelt. Der Vertrag wäre außerdem noch sittenwidrig, wenn er eine (angenommen dass möglich) mentale Beeinflussung eines Dritten zum Inhalt hätte.
Im Einzelfall können solche parapsychologischen Angebote auch strafrechtlich relevant sein. So ist die "Teufelsaustreiberin" rechtskräftig wegen versuchten Betruges, §§ 263, 22 StGB verurteilt worden.5
Voraussetzung für eine strafrechtliche Verurteilung ist immer, dass der Täter die objektiven Tatbestandsmerkmale (z.B. Täuschungshandlung beim Betrug / Tötung beim Mord) vornimmt. Jedoch hat jede strafrechtliche Norm auch subjektive Voraussetzungen. Der Täter muss das objektive Tatbestandsmerkmal mit Wissen und Wollen verwirklichen. Daraus folgt, dass esoterische Anbieter, die von dem Vorliegen ihrer parapsychologischen Fähigkeiten ausgehen, keine Täuschung und damit auch keinen Betrug begehen wollen. Es wird nur in den Fällen zu einer Verurteilung kommen, in denen nachgewiesen wird, dass der Anbieter wirklich täuschen wollte.
Genau dies war im Fall der "Teufelsaustreibung" möglich. Die "Wahrsagerin" hatte im Prozess eingeräumt, selbst gar nicht an die Möglichkeit der Teufelsaustreibung zu glauben. Sie wollte lediglich die 5.000 DM von Frau A. bekommen.
Da eine solche subjektive Komponente jedoch schwer zu beweisen ist, wird es problematisch sein, gegen "Hellseher und Wahrsager" strafrechtlich vorzugehen.
Aber gerade im zivilrechtlichen Bereich gibt es Möglichkeiten, Geschädigten zu helfen. Hier sind im Zusammenhang mit parapsychologischen Vertragsinhalten folgende Rechtsvorschriften wichtig:
Dabei sind im esoterischen Bereich besonders diese Fallkonstellationen relevant:
Bei weniger auffälligen Sachverhalten muss dem esoterischen Anbieter nachzuweisen sein, er habe in bedenkenlosem Gewinnstreben, mit verwerflicher Gesinnung oder in dem Bewusstsein der Verwerflichkeit seiner Handlungsweise gehandelt.8
Abschließend ist festzuhalten, dass gegen Vertragsmissbrauch in der Esoterik doch ein Kraut gewachsen ist. Es lohnt sich, in solchen Fällen um sein Geld zu kämpfen und rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.