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Autor: Anja Gollan 15.03.2013
Ein großer Teil unserer Beratungsfälle betrifft das Thema Geistheilung. Auch nach der bekannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 02. März 2004(1) ist der Bedarf an Rechtsberatung in diesem Bereich besonders hoch. Das mag daran liegen, dass in der Praxis nur selten das vom Bundesverfassungsgericht beurteilte „Musterbeispiel“ der Geistheilung vorzufinden ist: ein Heiler, der seine Tätigkeit auf das Handauflegen beschränkt, ergänzend zur Schulmedizin agiert und die Kranken gewissenhaft über die Grenzen seiner Fähigkeiten aufklärt. Stattdessen erleben wir in unserer Praxis häufig, dass Geistheiler versuchen die erkrankten Menschen im Alleingang zu heilen. Es werden Diagnosen gestellt, Heilung bei schwerwiegenden Krankheiten versprochen, die Einnahme von selbstgebrauten Essenzen verordnet oder zusätzliche Therapien zur Heilung angeboten, die weit über die erlaubnisfreien spirituellen Handlungen zur Stärkung der Selbstheilungskräfte hinausgehen. Nicht selten wird sogar vom Arztbesuch abgeraten oder vor den Nebenwirkungen einer schulmedizinischen Behandlung gewarnt. Eine unserer Klientinnen hatte beispielsweise große Angst vor einer Hüftoperation. Sie wandte sich an einen Heiler. Zur Beseitigung der starken Schmerzen, setzte dieser per Fernübertragung eine „Heilperle“ in die Hüfte ein und befreite sie von angeblichen Flüchen. Die Kosten für die Dienste betrugen 1000 €. Geholfen hat dies nicht - die Schmerzen blieben. Letztlich entschloss sich die Klientin doch zur Operation. Glücklicherweise noch rechtzeitig. Eine Aufklärung darüber, dass der Besuch beim Geistheiler den Arztbesuch nicht ersetzt oder ein dahingehender Rat, sich zudem schulmedizinisch behandeln zu lassen, war im geschilderten Fall nicht erfolgt. Im Nachhinein fragen sich viele Betroffene, ob das, was sie im Kontakt mit dem Geistheiler erlebten, rechtlich zulässig ist und treten mit den unterschiedlichsten Fragestellungen an uns heran:
In Anbetracht der bestehenden rechtlichen Unsicherheiten, soll der folgende Artikel - in Ergänzung zum Artikel „Geistheilung aus rechtlicher Sicht“ aus dem Jahr 2007(2) - Antwort auf die wichtigsten Rechtsfragen zum Thema Geistheilung geben und aktuelle Rechtsprechung in diesem Bereich vorstellen. Eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich am Schluss des Artikels.
Gemäß § 1 Heilpraktikergesetz bedarf derjenige, der in Deutschland Heilkunde ausüben will, ohne Arzt zu sein, der Heilpraktikererlaubnis. Heilkunde liegt nach der juristischen Definition vor, wenn die Tätigkeit ärztliche Fachkenntnisse erfordert und gesundheitliche Schäden verursachen kann(3). Auch wenn die Inanspruchnahme eines Geistheilers - vor allem im Hinblick auf eine dadurch versäumte ärztliche Behandlung - Gefahren mit sich bringen kann, lehnt das Bundesverfassungsgericht inzwischen eine generelle Erlaubnispflicht für Geistheiler ab. In einem Fall des geistigen Heilens durch Handauflegen hat das Bundesverfassungsgericht dazu festgehalten, dass dies keine Ausübung der Heilkunde darstellt und demzufolge für diese Tätigkeit auch keine Heilpraktikererlaubnis erforderlich ist(4). Die Erlaubnisfreiheit bezieht sich jedoch nur auf deutlich von der Schulmedizin abgrenzbare, rituelle Handlungen. Das Bundesverfassungsgericht nennt als Beispiele das Handauflegen, die Krankensalbung, das Segnen oder das gemeinsame Gebet, also Handlungen die darauf abzielen, den eigenen Gesundungswillen des Kranken zu stärken. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass alle Handlungen darüber hinaus, die medizinische Fachkenntnisse erfordern oder suggerieren, insbesondere das Stellen von Diagnosen, das Verschreiben oder Empfehlen von Medikamenten (auch homöopathische Arzneimittel, Bachblüten, Heiltees... etc.), das Verwenden von medizinischen Geräten, das Anwenden von Heiltherapien und das Versprechen der Heilung nicht davon umfasst sind. Sofern also der Heiler, neben den erlaubnisfreien Handlungen zur Stärkung der Selbstheilungskräfte zusätzlich bestimmte Heilmethoden, wie z.B. Energetische Behandlungen in Form der Craniosacral-Therapie(5) oder Behandlungen nach der Traditionellen Chinesischen Medizin (Akupunktur, Akupressur, Puls- und Zungendiagnostik, Tuina-Massage)(6) vornimmt, ist dies nicht erlaubt. Auch dürfen Heiler die Patienten nicht im Glauben lassen, dass ihre Therapie auf naturwissenschaftlichen Erkenntnissen beruht(7). Gegenüber Heilern, die ihre Befugnisse überschreiten und Heilkunde i.S. des Heilpraktikergesetzes ausüben, kann aufgrund ordnungsrechtlicher Vorschriften(8) zum Schutz der Bevölkerung eine Untersagung der weiteren Tätigkeit erfolgen. Außerdem kommt eine Strafbarkeit des Heilers wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde in Betracht (vgl. S. 23).
Bei der Inanspruchnahme eines Geistheilers besteht die Gefahr, dass kranke Menschen im Vertrauen auf die Wirksamkeit des geistigen Heilens eine ärztliche Behandlung unterlassen. Um sicherzustellen, dass der Geistheiler ein Versäumen ärztlicher Hilfe nicht veranlasst oder bestärkt, treffen ihn entsprechende Informations- und Aufklärungspflichten. Er muss die Kranken zu Beginn des Besuchs ausdrücklich darauf hinweisen, dass er eine ärztliche Behandlung nicht ersetzen kann. Dies kann entsprechend den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts durch einen gut sichtbaren Hinweis in den Räumlichkeiten oder durch Merkblätter, die zur Unterschrift vorgelegt werden, geschehen(9). Die Anforderungen für diese Aufklärungspflicht sind hoch anzusetzen und dürfen nicht durch eine bloße Scheinaufklärung umgangen werden. Eine bloße Scheinaufklärung liegt z.B. dann vor, wenn zwar durch ein entsprechendes Merkblatt darauf hingewiesen wird, dass die geistheilerische Behandlung eine ärztliche Behandlung nicht ersetzt, andererseits aber vor den Folgen schulmedizinischer Behandlungen gewarnt wird. Um Missbrauch zu verhindern(10) und eine ausreichende Aufklärung der Kranken sicherzustellen, sollte die Aufklärung sowohl in schriftlicher als auch in mündlicher Form erfolgen. Zu verweisen ist diesbezüglich auf eine Entscheidung des Landgerichts Verden(11). Hier hatte der Heiler vor jeder Behandlung folgende Schritte zur Erfüllung seiner Aufklärungspflicht durchgeführt:
Ob der Geistheiler seiner Aufklärungspflicht ausreichend nachkommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Je schwerer die gesundheitlichen Folgen, die bei Verzicht auf eine schulmedizinische Behandlung drohen (etwa bei lebensgefährlichen Krankheiten), desto nachdrücklicher muss der Heiler darauf hinwirken, dass die Kranken den Kontakt mit den behandelnden Ärzten nicht abbrechen. Die bloße Verwendung eines standardisierten Merkblattes, welches lediglich dazu dient, die eigene Haftung zu minimieren, statt Schwerkranke vor Fehleinschätzungen zu schützen, ist in Anbetracht des hier in Rede stehenden wichtigen Schutzguts der Gesundheit, als nicht ausreichend anzusehen.
Die Tätigkeit des Geistheilers ist als Gewerbe einzustufen(12). Dieser Einstufung hat sich im Ergebnis auch der Bund-Länder Ausschuss „Gewerberecht“ auf seiner Tagung vom 18./19.11.2004(13) angeschlossen. Damit findet die Gewerbeordnung für Geistheiler Anwendung. Für die Aufnahme eines „stehenden Gewerbes“ besteht gemäß § 14 Gewerbeordnung eine Anzeigepflicht. Kommt der Geistheiler der Pflicht zur Anzeige seines Gewerbes nicht nach, kann dies mit einem Zwangsgeld durchgesetzt werden(14). In Berlin wird zusätzlich verlangt, dass der anzeigende Geistheiler erklärt, dass er keine anamnestischen Befragungen durchführt oder sonstige Diagnosestellungen vornimmt(15). Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Beschluss zum geistigen Heilen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Überwachung der Geistheiler der Gewerbeaufsicht obliegt und die Einhaltung der Aufklärungspflicht gegenüber dem Kranken durch Kontrollen durchzusetzen ist(16). Liegt das für die Ausübung eines Gewerbes notwendige verantwortungsbewusste Handeln nicht vor, weil der Geistheiler seinen Informations- und Aufklärungspflichten nicht nachkommt, kann die Behörde wegen Unzuverlässigkeit gemäß § 35 Gewerbeordnung die weitere Tätigkeit des Geistheilers untersagen(17). Zuständig für Beschwerden über Geistheiler und die Überprüfung ihrer Zuverlässigkeit sind in Nordrhein-Westfalen die Ordnungsbehörden, also je nach Betriebssitz des ausgeübten Gewerbes: die Ordnungsbehörde der Stadt oder bei kleineren Gemeinden die Kreisordnungsbehörde(18).
Im Zusammenhang mit einer strafrechtlichen Beurteilung des geistigen Heilens stellt sich immer wieder die Frage, ob die Tätigkeit als eine unerlaubte Ausübung der Heilkunde anzusehen ist. In § 5 Heilpraktikergesetz heißt es: Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Das Amtsgericht Meldorf(19) hat in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts(20) unlängst entschieden, dass allein das spirituelle, rituelle geistige Heilen keine Ausübung der Heilkunde i.S. des Heilpraktikergesetzes darstellt und daher keine Strafbarkeit wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde vorliegt. Der Geistheiler hatte in diesem Fall auf dem Wochenmarkt einen Stand aufgebaut und den Marktbesuchern einen Beinlängenausgleich und die Beseitigung von Besetzungen angeboten. Seine Behandlung bestand dabei ausschließlich darin, sich vor seine Kunden zu stellen und mit erhobenen Händen zu Gott zu beten. Die Straffreiheit gilt jedoch nur für die vom Bundesverfassungsgericht genannten rituellen Handlungen zur Stärkung der Selbstheilungskräfte, wie z.B. Handauflegen oder Beten; also für Handlungen, die sich vom gewohnten Bild einer medizinischen Behandlung weit entfernen und nur noch auf eine spirituelle Wirkung angelegt sind. Kommt es darüber hinaus zu Handlungen, wie z.B. Stellen von Diagnosen, Verschreiben oder Empfehlen von Medikamenten, Verwenden von medizinischen Geräten, Versprechen von Heilung oder der Anwendung zusätzlicher Heilmethoden kann durchaus eine Strafbarkeit des Geistheilers vorliegen(21).
Die Vereinbarung des Kranken mit dem Geistheiler eine geistige Heilung gegen Entgelt vorzunehmen führt in der Regel dazu, dass zwischen den Parteien ein schuldrechtliches Vertragsverhältnis zustande kommt. Dadurch entstehen vertragliche Nebenpflichten, wie z.B. Sorgfalts-, Aufklärungs- und Auskunftspflichten. Kommt ein Geistheiler seiner Aufklärungspflicht nicht ausreichend nach und führt dies zu einer akuten Verschlechterung des gesundheitlichen Zustands des Kranken, kann er sich dadurch schadensersatzpflichtig machen. Eine Schadensersatzpflicht kann aber nicht nur eintreten, wenn der Geistheiler nicht ausreichend darüber aufklärt, dass sein Wirken eine ärztliche Behandlung nicht ersetzen kann, sondern auch dann, wenn er falsche medizinische Ratschläge erteilt. In einem Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt(22) hatte eine Geistheilerin einer jungen Frau, die an einer schweren Autoimmunerkrankung litt, den Rat erteilt, die ärztlich verordneten Medikamente, insbesondere das Cortison, abzusetzen. Dadurch erlitt die Frau einen schweren Schub ihrer Grunderkrankung verbunden mit einer dramatischen gesundheitlichen Krise (u.a. mit Notfalleinweisung, Luftröhrenschnitt, Hirnhautentzündung). Das Gericht stellte fest, dass die Geistheilerin zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet ist, weil sie die junge Frau in vorwerfbarer Weise falsch beraten hatte (§§ 280 Absatz 1, 249 Absatz 1, 253 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Die junge Frau musste sich allerdings ein Mitverschulden i.H. von 50% anrechnen lassen. Denn sie hatte nach Auffassung des Gerichts an der Schadensentstehung im gleichen Maße mitgewirkt wie die Geistheilerin, indem sie - volljährig und im Besitz ihrer geistigen Kräfte - die notwendige und ärztlich verordnete Behandlung mit Medikamenten abgesetzt hatte.
Das Heilmittelwerbegesetz legt die Grenzen zulässiger Werbung für Arznei- und andere Mittel zur Behandlung von Krankheiten fest. Gemäß § 3 Heilmittelwerbegesetz ist eine irreführende Werbung unzulässig. Eine irreführende Werbung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn Verfahren oder Behandlungen eine therapeutische Wirksamkeit zugeschrieben wird, die sie nicht haben. Das bedeutet, dass derjenige der mit der heilenden Wirkung einer Behandlung Werbung macht, dies auch wissenschaftlich belegen muss. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2007 die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes ausdrücklich auch für die Werbung von Geistheilern für anwendbar erklärt(23). Es gibt inzwischen zahlreiche Urteile, in denen selbsternannte Heiler wegen eines Verstoßes gegen das Heilmittelwerbegesetz in Verbindung mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zur Unterlassung von irreführender Werbung verurteilt wurden. In einer Entscheidung des Schleswig Holsteinischen Oberlandesgerichts(24), warb ein Verein mit „Therapeutischen Reisen“ zu den Philippinen und pries die dort stattfindende „Geistchirurgie“ als wirksame Heilkunst an. In der Anzeige hieß es u.a. dass ein Forschungsprojekt durchgeführt werde, „um die außergewöhnlichen Erfolge dortiger HeilerInnen zu dokumentieren und denen zu helfen, die bisher auf ihrem Gesundungsweg nicht weiter kamen“ (...) „So sind die Behandlungen immer schmerzlos, ohne Narkose, ohne befürchtete Nebenwirkungen, bei wenig Blutverlust und werden in wenigen Minuten durchgeführt“ (...) „Die tieffrommen katholischen HeilerInnen auf den Philippinen sind hellsichtig und können Ursachen erkennen, bevor sie die Störfelder, Tumore oder Fremdeinflüsse schmerzlos aus dem Körper ziehen“ (...) „Sie gehen jetzt einen anderen Weg zu ihrem Ziel, der Heilung“. Das Gericht führte dazu aus, dass diese Erklärungen einen therapeutischen Erfolg der Behandlung suggerieren, obwohl die wissenschaftliche Grundlage für die Aussagen fehlt. Die Werbung verstoße damit als irreführende Werbung gegen § 3 Heilmittelwerbegesetz und müsse unterlassen werden. Bei Verstößen gegen die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes kommen neben Abmahnungen und Unterlassungsklagen(25), auch Sanktionen nach dem Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht in Betracht. So kann beispielsweise der fahrlässige Verstoß gegen das Verbot einer irreführenden Werbung mit einer Geldbuße geahndet werden (§ 15 Absatz 2 u. 3 Heil¬mittelwerbegesetz). In einem Fall des Verwaltungsgerichts München(26) hatte die zuständige Behörde gegen einen Geistheiler („Reikimeister“) wegen irreführender Werbung ein Bußgeld i.H. von 200 € verhängt. Er hatte auf seiner Homepage für die Wirksamkeit und Einnahme von Petroleum als Naturheilmittel geworben. Gegen das Bußgeld konnte der Heiler aufgrund des Fristablaufs nicht mehr vorgehen. Er wandte sich dennoch an das Verwaltungsgericht München, um feststellen zu lassen, dass die Verteilung von Flugblättern über die Heilwirkung von Petroleum zulässig sei. Das Gericht untersagte dies und stellte fest, dass das beabsichtigte Verbreiten des Flugblattes eine irreführende Werbung nach § 3 Heilmittelwerbegesetz darstelle. Denn so würde im Flugblatt der Eindruck erweckt, gereinigtes Petroleum habe eine therapeutische Wirksamkeit bei Rheuma, Blutvergiftung, Gelenkbeschwerden, Hautausschlägen und auch bei Krebs. Eine solche Wirksamkeit bestehe laut Arzneimittelkommission aber nicht. Außerdem wies das Gericht darauf hin, dass Petroleum zur innerlichen Anwendung als bedenkliches Arzneimittel im Sinne von § 5 Arzneimittelgesetz einzustufen ist und es verboten ist, solche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen.
Anbieter von berufsbildenden Ausbildungen können nach § 4 Nr. 21 a) bb) Umsatzsteuergesetz von der Umsatzsteuer befreit werden, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten. Die Dienstleistungen können dann dem Kunden umsatzsteuerbefreit angeboten werden. Viele Geistheiler bieten inzwischen umfangreiche und kostspielige Ausbildungen zum „Heiler“ an. Insofern stellt sich die Frage, ob derartige Ausbildungen umsatzsteuerliche Begünstigungen genießen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies mit Beschluss vom 16.04.2012(27) verneint. In dem Fall ging es um eine Heilerin, die u.a. eine Ausbildung zum „Ganzheitlichen Therapeuten“ (große Heilerausbildung) und eine Ausbildung zum „Spirituellen Heiler“ (kleine Heilerausbildung) anbot. Der Antrag der Heilerin auf Erteilung einer Umsatzsteuerbefreiung wurde durch die zuständige Landesbehörde mit der Begründung abgelehnt, dass es sich bei der von der Klägerin geschilderten Ausbildung nicht um einen allgemein geregelten Bildungsgang handele, der die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit zuließe. Bereits die anvisierte Tätigkeit als Geistheiler sei nicht eindeutig und allgemeingültig definiert. Daher sei auch nicht ersichtlich, dass überhaupt eine Ausbildung erforderlich oder möglich sei. Letztlich könne die Bezeichnung „Heiler“ jeder nutzen, der sich dazu berufen fühle, ohne den Nachweis einer bestimmten Ausbildung. Gegen diesen Bescheid klagte die Heilerin(28). Zur Begründung machte sie im Wesentlichen geltend, dass die Tätigkeit als Heilerin nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine berufliche Tätigkeit i.S. von Art. 12 GG sei. Auf diese Tätigkeit bereite sie durch die von ihr angebotene Ausbildung vor. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der vorherigen Instanzen, wonach der Heilerin kein Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung zur Umsatzsteuerbefreiung für die von ihr durchgeführte Ausbildung zusteht. Denn so erfasse § 4 Nr. 21 a) bb) Umsatzsteuergesetz nur Berufe, für deren Ausbildung spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten notwendig sind. Diese Voraussetzung sei im Hinblick auf die Tätigkeit eines „Spirituellen Heilers“ nicht gegeben, denn die Geistheilung und damit auch die „Spirituelle Heilung“ sei ein Oberbegriff für eine Vielzahl höchst unterschiedlicher alternativmedizinischer, esoterischer, religiöser oder magischer Behandlungsmethoden, die vom Handauflegen über Gebete und Rituale bis hin zur Unterstützung durch Klänge oder Steine und von der christlichen Krankensalbung bis zum Schamanismus reichten. Der Tätigkeit des Spirituellen Heilers ließen sich damit keine bestimmten Ausbildungsinhalte zuordnen, wie es zur Beurteilung der „ordnungsgemäßen Berufsvorbereitung“ erforderlich wäre. Nach dem Merkmal der „ordnungsgemäßen Berufsvorbereitung“ müsse die in Rede stehende Leistung objektiv geeignet sein, der Berufsvorbereitung zu dienen. Die Ausbildungsinhalte der Heilerin reichten von der Wirbelsäulenbegradigung durch energetische Hilfe bis zum schamanistischen Mantra zur Herstellung eines Energieflusses zwischen Menschen, Gott und der Mutter Natur. Das Gericht hielt diese Lehrinhalte jedoch nicht für objektiv notwendig, um den Beruf des „Spirituellen Heilers“ auszuüben.
Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, dass sich Handlungen von Geistheilern nicht im rechtsfreien Raum befinden, sondern unterschiedlichste Rechtsgebiete und Rechtsvorschriften berühren können. Zusammenfassend ist folgendes festzuhalten:
Heinemann: Die Auswirkungen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Geistheilung unter: www.agpf.de/Geistheiler-Urteil-Auswirkungen.htm#Aufklaerungspflicht (Datum des letzten Zugriffs: 14.02.2013).Landmann/Rohmer: Kommentar zur Gewerbeordnung, Loseblattsammlung, München: Beck-Verlag (Stand 2012).Schönleiter: Herbstsitzung 2004 des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht“, in: Gewerbearchiv 2005, S. 236-239.
1 Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 02.03.2004 - Az. 1 BvR 784/03, NJW-RR 2004, S. 705 f. 2 Gollan, 2007: Geistheilung aus rechtlicher Sicht unter http://sekten-info-nrw.de/index.php?option=com_content&task=view&id=125&Itemid=46 (Zugriff: 14.02.2013).3 Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.08.2010 - Az. 3 C 28/09, GewArch 2011, S. 34 ff.4 Bundesverfassungsgericht, a.a.O.5 Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 15.08.2012 - Az. 5 L 322/12.6 Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 15.03.2011 - Az. 8 ME 8/11.7 Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26.08.2010 - Az. 3 C 28/09, GewArch 2011, S. 34 ff. zur „Synergetik-Therapie“.8 Für Nordrhein-Westfalen: § 14 OBG NRW.9 Bundesverfassungsgericht, a.a.O.10 Vgl. zur Aushebelung der Aufklärungspflicht bei zu unterschreibenden Merkblättern, Heinemann unter http://www.agpf.de/Geistheiler-Urteil-Auswirkungen.htm#Aufklaerungspflicht (Zugriff:14.02.2013).11 LG Verden, Urteil vom 25.06.1997 - Az. 12-24/97, MedR 1998, S.183 ff. 12 Bundesverfassungsgericht, a.a.O.; Landmann/Rohmer, 2012, § 14 Rn. 14. 13 Schönleiter, GewArch 2005, S. 236 ff. 14 Vgl. dazu Gewerbeanzeigepflicht von kinesiologischer Tätigkeit, Verwaltungsgericht Hamburg, Urteil vom 15.01.2002 - Az. 14 VG 2162/2000. 15 Schönleiter, GewArch 2005, S. 236 ff. 16 Bundesverfassungsgericht, a.a.O. 17 Vgl. zur Gewerbeuntersagung einer Wahrsagerin, Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 23.02.1990 - Az. 22 B 89.3787, GewArch 1990, S. 172 f. 18 Vgl. § 155 Abs. 2 GewO i.V. mit Nr. 1.16 der Anlage zur Verordnung zur Regelung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Gewerbeüberwachung vom 10.12.1974, zuletzt geändert durch VO vom 12.04.2005. 19 Amtsgericht Meldorf, Urteil vom 18.05.2010 - Az. 29 Ds 315 Js 27580/09. 20 Bundesverfassungsgericht, a.a.O. und Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 03.06.2004 - Az. 2 BvR 1802/02, NJW 2004, S.2890 f. 21 Vgl. zur Strafbarkeit der Ausübung von „Synergetik-Therapie“ ohne Heilpraktikererlaubnis, Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.06.2011 - Az. 2 StR 580/10, NJW 2011, S. 3591 ff. 22 Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 14.12.2010 - Az. 8 U 108/07, GesR 2011, S. 187 ff. 23 Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.03.2007 - Az. 1 BvR 1226/06, NJW-RR 2007, S. 1048 ff. 24 Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 10.06.2010 - Az. 6 U 42/09, SchIHA 2010, S. 402 ff.; vgl. auch Oberlandesgericht München, Urteil vom 14.05.2009 - Az. 6 U 2187/06 zur irreführenden Werbung mit wissenschaftlich ungesicherten Wirkungsbehauptungen für ein Gerät zur Durchführung einer „Bioresonanz-Therapie“. 25 Vgl. § 8 Absatz 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Unterlassungsansprüche stehen Mitbewerbern, Berufsverbänden, Verbraucherschutzeinrichtungen und Industie- und Handelskammern zu. 26 Verwaltungsgericht München, Urteil vom 22.02.2006 - Az. M 18 K 05.3445. 27 Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.04.2012 - Az. 9 B 98/11, BFH/NV 2012, S. 1408. 28 Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 27. Januar 2010 - Az. 23 K 150/09; Oberverwaltungsgericht NRW, Urteil vom 05.10.2011 - Az. 14 A 591/10; Bundesverwaltungsgericht, a.a.O.