Beratung und Information zu neuen religiösen und ideologischen Gemeinschaften und Psychogruppen
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Rezension zum Erfahrungsbericht:

Der Apparat

Jeannette Schweitzer gibt mit diesem sehr persönlichen Erfahrungsbericht Einblick in das System der Scientology-Organisation. Sie lässt den Leser teilhaben an den Erfahrungen, die sie in einem System machen musste, zu dem sie von 1989 bis 1992 gehörte. In den persön­lichen Vorbemerkungen wendet sich Frau Schweitzer mit sehr offenen, persönlichen Worten an den Leser, unterstreicht ihre heutige Stellung zur Scientology-Organisation und betont die Wichtigkeit ihrer derzeitigen Aufklärungsarbeit.

Um dem Leser einen Eindruck ihrer Person zu vermitteln, stellt sie sich kurz vor, als eine Frau, die auf eine glückliche Kindheit zurück blicken kann, zwei gescheiterte Ehen hinter sich hat und stolze Mutter eines Sohnes und einer Tochter ist. Sie ist damals 37 Jahre, hat wieder fußgefasst in Beruf und Familie und beginnt ihre Suche nach dem Sinn des Lebens. Nun beginnt Frau Schweitzer mit dem eigentlichen Teil ihrer Geschichte. Ganz banal der erste Kontakt zur Organisation durch die Wirtin einer Weinstube, in die es die Autorin gelegentlich zog. Ein freundliches Gespräch, geweckte Neugier und kurz darauf mit dem Auto nach Frankfurt. Nun jagt ein Ereignis das andere.

Persönlichkeitstest, erstes Kommunikationsseminar und das Erlernen der ersten Kommuni­kationstechniken. Angespornt von ersten Erfolgen und der Tatsache, dass sie fortwährend durch Scientologen telefonisch zum Weitermachen animiert wird, folgen das erste Auditing und diverse weitere Kurse. Geschickt gelingt es Scientology, Frau Schweitzer immer enger in das System zu integrieren. Allmählich verändern sich ihre Ziele. Die Familie rückt in den Hintergrund. Wichtig sind von nun an Macht und Einfluss. Da kommt ein Angebot der Scien­tologen gerade zum richtigen Zeitpunkt: Frau Schweitzer erhält die Möglichkeit zum Mitauf­bau eines „ethischen“ Vorzeigeunternehmens. Dieses Angebot nimmt sie wahr und verlässt ihre gewohnte Umgebung ungeachtet dessen, wie sich eine solche Veränderung auf ihre Kinder auswirken könnte. Doch der gewünschte Erfolg in der neuen Firma bleibt aus. Statt­dessen wird Frau Schweitzer mit Betrügereien und Bilanzfälschungen konfrontiert. Trotzdem sie immer noch vom System überzeugt ist, weigert sie sich vehement, Schwarzgelder zu verbuchen – damit wird sie zum „Feind der Firma“. In der Hoffnung, dass alles nur ein Miss­verständnis sei, beginnt ihre Odyssee durch höchste Scientologyinstanzen. Ihrer Würde beraubt, finanziell bis ans Ende ausgebeutet und auf einer Großveranstaltung in Lausanne auf „Krieg gegen Nichtscientologen“ eingeschworen, flüchtet Frau Schweitzer mit ihrer Tochter aus der Organisation zu ihren Eltern. Über ein Jahr dauerte der nun folgende menschenverachtende Psychoterror an, dem Frau Schweitzer ausgesetzt war. Trotzdem schaffte sie es, sich wieder ein menschenwürdiges Leben außerhalb der Scientology-Orga­nisation aufzubauen.

Im Anhang dieses Buches findet der Leser bedeutende Informationen: Zum einen werden wichtige, in dem Erfahrungsbericht verwendete, scientologische Begriffe erklärt, ohne die dieses Werk schwer zu verstehen ist. Zum anderen hat der Leser die Möglichkeit, mit Hilfe einer angefügten Checkliste und einer Auswahl von Hilfe bietenden Kontaktstellen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, bei Bedarf erste Maßnahmen ergreifen zu können.

Eine bewegende und beeindruckende Geschichte. Durch den flüssigen Schreibstil und die kompakte Ausführung auch als spannendes Aufklärungsbuch als Abschluss einer Unterrichtseinheit zum Thema „Scientology“ geeignet.

 

Die Autorin:

Jeannette Schweitzer

Gebundene Ausgabe:

127 Seiten

Verlag:

Brunnen-Verlag, Gießen, Februar 2009

ISBN:

978-3-7655-1709-9

Preis:

9,95 Euro