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Rezension zum Fachbuch:

Die Homöopathielüge 

So gefährlich ist die Lehre von den weißen Kügelchen

 
Seien Sie mal ehrlich: Kennen Sie in Ihrem privaten oder beruflichen Umfeld Jemanden, der an Homöopathie glaubt? Obwohl bisher kein wissenschaftlicher Beweis für eine Wirkung der Homöopathie vorliegt, kennen Sie doch ganz sicher Menschen, die Globuli einnehmen und noch dazu von vermeintlichen Erfolgen berichten. Dieses Phänomen kennen wir alle. So lang wie die Liste der Publikationen zur Homöopathie, so lange dauert auch schon die Diskussion über Wirksamkeit oder Nonsens der Pillen und Tropfen an.


Unter Homöopathie, Begründer ist der Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843), verbirgt sich ein weit verbreitetes Verfahren der Alternativmedizin, das auf dem Ähnlichkeitsprinzip basiert. Obwohl Hahnemann seine Heilmethode bereits vor mehr als 220 Jahren entwickelte, in einer Zeit, in der sich die medizinischen Erkenntnisse weit unter dem heutigen Wissensstand befanden, hat es die Homöopathie geschafft, ein fester Bestandteil unserer heutigen Gesellschaft zu werden. Homöopathie wird als Zusatzfach in verschiedenen Ausbildungen gelehrt, viele Ärzte behandeln ihre Patienten zusätzlich homöopathisch und einige Krankenkassen bezahlen sogar ihren Versicherten diese homöopathischen Behandlungen, trotz fehlender wissenschaftlich anerkannter Grundlagen.

Christian Weymayr und Nicole Heißmann beginnen ihre Publikation ganz klassisch mit der Begriffsbestimmung und der geschichtlichen Entwicklung der Homöopathie. Sie erläutern dem Leser Hahnemanns Motive, das Simile – Prinzip (bedeutendes Merkmal der Homöopathie), weitere wichtige Homöopathieregeln, und sie bieten dem Leser außerdem mehrere Erklärungsmodelle an.

Im nachfolgenden Kapitel lassen die Autoren nicht unerwähnt, dass sich die Homöopathie einer großen Beliebtheit erfreut. Sie gehen der Frage auf den Grund, warum das so ist, und welchen Anteil daran dem Placebo-Effekt obliegt.

In einem über 40 Seiten umfassenden dritten Kapitel befassen sich Weymayr und Heißmann mit der wissenschaftlichen Erforschung der Homöopathie. Sie erläutern die Regeln der evidenzbasierten Medizin (EbM - Nachweisorientierte Medizin) und weisen im Zusammenhang mit der Erforschung der Homöopathie auf deren Grenzen hin. Anhand der Interpretation mehrerer Studienergebnisse kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Homöopathie nicht im Entferntesten der Wissenschaft zuzuordnen ist und eher im Bereich des Glaubens einen sicheren Platz einnehmen sollte.

Wie schon in der Einführung dieses Artikels erwähnt, und Ihre Erfahrungen werden das sicher bestätigen, wird inzwischen schon in vielen Arztpraxen die Homöopathie praktiziert. Im vierten Kapitel dieses Buches gehen die Autoren der Frage nach, warum das so ist und wodurch es für Arzt und Patient so attraktiv wurde. Besonders interessant in diesem Zusammenhang die ausgewählten Daten aus der Gebührenverordnung für Ärzte (GOÄ).

Eines darf in diesem Gefüge natürlich nicht fehlen: Die Pharmaindustrie. Auf dem Arzneimittelmarkt sind die Homöopahika nicht mehr wegzudenken. Hier werden enorme Summen erwirtschaftet. Besonders spannend im Kapitel fünf sind die Ausführungen zum Einfluss der Politik und die vielen Sonderregelungen, derer sich die Homöopathie erfreuen darf.

Nachdem im Kapitel sechs deutlich wird, worin der Unterschied zwischen Pharmakologie und Pharmazie besteht, was wiederum erklärt, warum zwischen Apothekern und Homöo¬pathie kein Widerspruch existiert, zeigen die Autoren anhand einiger Beispiele, was es mit dem Potenzieren auf sich hat und mit welchen (oder keinen!) Ergebnissen man rechnen darf.

Wussten Sie, dass es Politiker gibt, die Hahnemanns Theorien vertreten und damit der Homöopathie den Weg in unsere Gesellschaft ebnen? Sie werden staunen, was Sie im Kapitel sieben darüber erfahren.

Am Ende des nachfolgenden Kapitels, das sich ausschließlich mit den Angeboten der Krankenkassen beschäftigt, plädieren die Autoren für einen Wettbewerb unter Versicherern, der aber von Transparenz und Glaubwürdigkeit statt von Vielfalt geprägt sein muss.

Um den Gesamtüberblick über die Homöopathie abzurunden, gehen Weymayr und Heißmann im vorletzten Kapitel zur Medienanalyse über. Ob in Tageszeitungen, Wissenschaftsjournalen oder im Fernsehen – alle Medien werden zur Plattform für Befürworter, die ihre homöopathischen Überzeugungen kritiklos an ihr Publikum weitergeben dürfen.

Was wäre ein so umfangreiches und interessantes Buch, ohne Hilfen für den Leser. Im letzten Kapitel finden Sie, nach den Anregungen für alle in dem Buch angesprochenen gesellschaftlichen Bereiche, auch wichtige Argumentationshilfen, falls Sie in eine Debatte über Homöopathie verwickelt werden sollten. Falls Ihr Interesse an diesem Thema geweckt wurde und Sie noch tiefer in die Materie eintauchen wollen, erhalten Sie am Ende des Buches zehn wichtige Quellen, die Ihnen dieses ermöglichen.

Ein längst überfälliges, gut recherchiertes Sachbuch, das den aktuellen Wissensstand über die Homöopathie nach allen Richtungen hin beleuchtet. Die Autoren argumentieren sachlich und umfassend, wobei es auch für Leser ohne medizinisches Hintergrundwissen verständlich bleibt. Nicht nur als Fachlektüre absolut empfehlenswert.


            

Autor: Christian Weymayr / Nicole Heißmann
Broschiert:       332 Seiten
Verlag: Piper Verlag GmbH, München 2012
ISBN: 978-3-492-05536-9
Preis:  16,99 Euro