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Filmbesprechung:

"Bis nichts mehr bleibt"

 
Ein Spielfilm zum Thema Scientology
 
Was bewegt über 8 Millionen deutsche Fernsehzuschauer am 31.03.2010 um 20.15 Uhr vor ihren Fernsehgeräten zu sitzen und ein TV- Drama in der ARD anzuschauen? Vielleicht ist es die Tatsache, dass ein deutscher Sender erstmals, eine in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtete Organisation in einem Spielfilm beim Namen nennt. Möglicherweise ist es aber auch das Wissen der Zuschauer um die geheim gehaltenen, abenteuerlichen Dreharbeiten, denn lange Zeit vor der Ausstrahlung konnte man in den TV-Programmen auf diesem Sendeplatz die Vorankündigung für „Tatort: Der Tote im Sund“ finden. Kurz vor der Ausstrahlung jedoch wird bekannt, dass den Zuschauern eine TV Premiere, ein auf verschiedene Aussteigerberichte basierender, imaginärer Film zum Thema „Scientology“, präsentiert wird. Ganz gleich aus welchem Grund, eines steht fest: es besteht ein breites öffentliches Interesse an diesem TV- Drama.

Die Protagonisten:

  • Frank (Felix Klare), Taxifahrer, der den Lebensunterhalt für seine kleine Familie und sein Architekturstudium finanziert

  • Regine (Silke Bodenbender), seine Ehefrau und Unternehmertochter

  • Sarah (Jessy Teichert), Franks und Regines gemeinsame Tochter
 

Zum Inhalt:


Frank steht unter enormen Druck. Er will endlich sein Architekturstudium abschließen, um seiner kleinen Familie ein Leben ohne Sorgen zu ermöglichen. Aber die Vorbereitungszeit bis zum Examen wird knapp. Der Druck wächst zusätzlich durch seinen Schwiegervater, der von der Partnerwahl seiner Tochter überhaupt nicht begeistert ist und sehr hohe Erwartungen an seinen Schwiegersohn stellt. Frank droht zu verzweifeln. Aber was wäre ein Leben ohne Freunde? Frank erlebt, dass er sich auf seinen Freund Dr. Gerd Ruppert (Kai Wiesinger) voll und ganz verlassen kann. Denn genau dieser Freund vermittelt ihm kurzerhand einen bezahlten Nebenjob, nämlich die Renovierung einer Wohnung und regt ihn zu einem ersten Besuch bei Scientology an. Kann man noch mehr von einem guten Freund erwarten?

Frank ist am Anfang nicht ganz so euphorisch, wie Gerd es sich gewünscht hätte. Aber schnell bescheinigen ihm die Scientologen immer größere Fortschritte. Zunehmend geht es ihm besser. Es tut gut, ernst genommen zu werden, endlich mal im Mittelpunkt und nicht immer am Rand zu stehen. In der vollen Überzeugung, nun endlich mit Scientologys Hilfe sein Leben in den Griff zu bekommen, versöhnt er sich mit seinen Schwiegereltern, die nun häufiger die Möglichkeit haben, auf ihre Enkeltochter aufzupassen. Denn die Zeit, die Frank normalerweise mit seiner Tochter verbringt, benötigt er jetzt, um die „Brücke zur völligen Freiheit“ zu überqueren. In einem geeigneten Moment gesteht Frank seiner Frau seine Zugehörigkeit und seine Erfolgsaussichten bei Scientology. Regine ist erst skeptisch, lässt sich aber letztendlich von ihrem Mann zu einem Besuch überreden.

Von nun an opfern Frank und Regine ihre gesamte Zeit und Geld, dass sie teilweise über Kredite beschaffen, der Organisation. Nachdem Regines Eltern das Ausmaß der Verschuldung ihrer Tochter begreifen, kommt es zur Konfrontation. Der Kontakt zwischen beiden Familien bricht ab, mit dem verheerenden Ergebnis, dass Sarah von nun an in einer Kita der Scientologen betreut werden muss.

Schlechten Gewissens entscheidet sich Frank, den Bedürfnissen seiner Tochter wieder mehr Beachtung zu schenken. Er besucht Sarah in der Kita und macht entsetzliche Beobachtungen. Seinem Vaterinstinkt folgend, sorgt er dafür, dass seine Tochter wieder mehr von ihm und den Großeltern betreut wird. Der Großvater ist so empört, dass er durch seinen Einfluss die Einrichtung schliessen lässt. Hiervon unbeeindruckt widmet sich Regine voll und ganz ihrer Karriere bei Scientology. Aus Angst, seine Frau und seine Tochter zu verlieren, verlässt Frank, trotz seiner immer stärker werdenden Bedenken, die Organisation noch nicht. Es beginnt ein nervenzerreißendes Hin und Her zwischen den Ehepartnern, in das nicht selten Sarah als Druckmittel einbezogen wird. Unter Einbeziehung seiner Schwiegereltern und einer erfahrenen Anwältin, kämpft Frank um seine Tochter.

Mittlerweile getrennt lebend, hat sich Frank ein 14-tägiges Besuchsrecht erkämpft. Um das Wohl seiner Tochter besorgt, nimmt er dieses Besuchsrecht wahr, muss aber die bittere Erfahrung machen, dass Sarah völlig kaltherzig und emotionslos ihren Vater abweist. Absolut desillusioniert gibt Frank letztendlich auf. Er begreift, dass es für ihn und Sarah nur noch eine einzige Möglichkeit gibt: eine gerichtliche Entscheidung über das Sorgerecht. Wer an dieser Stelle des Films immer noch die Hoffnung auf ein Happy End hegt, wird enttäuscht.

Frank verliert den Kampf um das Sorgerecht. Einerseits, weil er selbst einmal Mitglied der Organisation war und auch seine Frau davon überzeugen konnte Mitglied zu werden, andererseits, und das erschüttert den Zuschauer besonders, weil seine neunjährige Tochter Sarah den Kontakt zu ihrem Vater rigoros ablehnt.

Selbst Zuschauer, die sich noch nie für dieses Thema interessiert haben, werden verstehen, welche Gefahren von Scientology ausgehen. Insbesondere die perfiden Anwerbemethoden, nämlich das Andocken an Menschen in Lebenskrisen, oder die hier für den Zuschauer verdeutlichten typischen Techniken der Scientologen, sind Tatsachen, die nicht unterschätzt werden dürfen.

Ein ungemein spannendes, mitreißendes TV- Drama. Aufgrund der Filmlänge ist es etwas schwierig, ihn in die Unterrichtsgestaltung zum Thema „Scientology“ einzubeziehen. Falls das aber möglich sein sollte, kann der Film eine hervorragende Basis für eine Diskussion sein.


Darsteller: Silke Bodenbender, Felix Klare, Kai Wiesinger
Regisseur(e): Niki Stein
Sprache: deutsch
FSK:  freigegeben ab 12 Jahren
Erscheinungstermin: 6. Mai 2010
Produktionsjahr: 2009
Spieldauer:   90 Minuten
Studio:  Ascot Elite Home Entertainment
Preis bei Amazon: 5,99 Euro