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Neue Publikation zum Thema Erinnerungsfälschung

Rezension zum Fachbuch „Das trügerische Gedächtnis“ von Julia Shaw

Bereits im Jahresbericht 2011 wurde der Artikel über „Beeinflusste Erinnerungen an sexuellen Missbrauch in der Kindheit durch esoterische Therapieangebote“ veröffentlicht. Dieses Thema hat an Brisanz nicht verloren. Wie auch in den letzten Jahren kamen auch im vergangenen Jahr wieder­holt Ratsuchende in unsere Beratungsstelle, um darüber zu berichten, dass ihnen ein sexueller Missbrauch ein­geredet worden sei. Sie begaben sich wegen psychischer Probleme in therapeu­tische Behandlung. Einige stellten sich die Frage, ob die Ursache ihrer heutigen Probleme möglicherweise in ihrer Kindheit zu suchen sei. Aufgrund der Symptomatik wäre diesen Klienten trotz fehlender Erinnerung an einen sexuellen Übergriff mitge­teilt worden, dass diese Erinnerun­gen wahrscheinlich lediglich verdrängt worden seien, um ihre Seele zu schützen. Nach vielen intensiven Gesprächen seien dann Erinnerungsbruchstücke und Bilder im Kopf aufgetaucht, wodurch der anfängliche Zweifel, dass man sich doch an einen Missbrauch erinnern müsse, verschwunden sei. Erst später sei ihnen bewusst geworden, dass der sexuelle Missbrauch nie statt­gefunden habe.

Doch wie ist so etwas möglich? Können Erinnerungen, die sich für uns echt anfühlen, tatsächlich nur eingebildet sein? Das 2016 erschienene Buch „Das trügerische Gedächtnis“ von Julia Shaw beschäf­tigt sich mit dem Thema suggestiv herbeige­führter Erinnerungen und soll daher im Folgenden kurz zusammengefasst werden:


Das trügerische Gedächtnis - Wie unser Gehirn Erinnerungen fälscht


Wer sich mit dem Thema Erinnerungs- (ver-) fälschung auseinandersetzen möchte, wird bei seiner Recherche schnell auf die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse von Julia Shaw stoßen. Die deutsch-kanadische Rechtspsychologin veröffentlichte 2015 eine Studie, in der sie zusammen mit Stephen Porter ungefähr 70 % der Teilnehmer überzeugt hatte, ein Verbrechen in der Vergangenheit begangen zu haben. Die Probanden konnten sich am Ende der Studie nicht nur einfach daran erinnern, sondern waren in der Lage, erstaunlich viele Details einer Situation zu benennen, die nicht stattgefunden hatte. Doch wie war das möglich? Die Antwort auf diese und weitere Fragen im Zusammenhang mit verfälschten Erinnerungen und der Funktionsweise des menschlichen Gedächtnisses finden die interessierten Leser in dem 2016 veröffentlichten Buch.

Die Autorin beginnt mit einer leicht verständlichen Einführung in die Thematik und erklärt, dass unsere persönlichen Erinnerungen die Fundamente unserer Identität bilden. Zum Einstieg erklärt sie die Unterschiede zwischen dem semantischen und dem episodischen Gedächtnis sowie die Formbarkeit von Erinnerungen.

Im Anschluss daran folgen insgesamt zehn Kapitel:

1. Ich erinnere mich an meine Geburt

Im ersten Kapitel wird erläutert, dass das Gehirn eines Kleinkindes physiologisch nicht in der Lage ist, Erinnerungen langfristig speichern zu können. Das bedeutet, dass Erinnerungen an die Kindheit im Durchschnitt erst ab einem Alter von dreiein­halb Jahren möglich sind. Außerdem werden biologische Zusammenhänge der Gehirnstruktur und die Entwicklung des Gehirns erklärt und anhand wissenschaftli­cher Studien anschaulich beschrieben. Julia Shaw hebt die Entdeckung des Meta­gedächtnisses hervor, da es nach ihrer Einschätzung bei der Selbstkorrektur des Gedächtnisses eine wesentliche Rolle spielt. Das Metagedächtnis beschreibt das Wissen darüber, dass man ein Gedächtnis hat und dient zur Plausibilitätsprüfung. Anhand verschiedener wissenschaftlicher Untersuchungen wird erklärt, dass unser Gehirn einzelne Erinnerungen aus verschiedenen Zusammenhängen neu zusam­mensetzen kann und dass sich diese neu zusammengefügten Erinnerungen wie echte Erinnerungen anfühlen.
 

2. Dirty Memories

„Die Entstehung neuer Erinnerungen hängt von den Rohdaten unserer Wahrneh­mung ab, und obwohl sich diese für uns stets richtig anfühlen mögen, wissen wir doch, dass sie das in Wahrheit nicht sind.“ (S. 46) Dies wird am Beispiel der opti­schen Täuschung erklärt. Selbst wenn man vorher weiß, dass es sich bei einer vor­her angekündigten Darstellung um eine visuelle Irre­führung handelt, fällt es uns schwer, der Täuschung nicht zu unterliegen und das Gesehene als real anzuneh­men. Informationslücken werden mit Erfahrungen und Gelerntem aufgefüllt, damit sie für uns einen Sinn ergeben. Obwohl man sich über diesen Prozess bewusst sein kann, fühlt sich die Erfahrung im wahrsten Sinne des Wortes „täuschend“ echt an.
 

3. Hummeln im Kopf

In diesem Kapitel geht die Autorin auf die neurobiologischen Prozesse ein. Sie führt die Fuzzy-Trace-Theorie zur Erklärung für falsche Erinnerungen ein. Diese geht davon aus, dass nach der parallelen Verarbeitung und Speicherung einer Erinnerung in vielen Fragmenten ein getrennter Abruf dieser Speicherungen erfolgt. So wird zum Beispiel der Bedeutungskern einer Erfahrung auf einer anderen Spur (gist trace) abgespeichert als die wortwörtliche Komponente (verbatim trace). Dadurch sind neue Kombinationen beim Abruf möglich, die nicht mehr dem tatsächlich Geschehenen entsprechen. Der Abruf der gespeicherten Erinnerungen ist demnach fehleranfällig. Darüber hinaus werden bei Abruf oft Einzelheiten und spezifische Kontexte noch einmal durchlebt und das Risiko einer Fehlerinnerung wird dadurch noch zusätzlich erhöht. Das menschliche Gedächtnis basiert auf der Fähigkeit einzelne Erinnerungs­fragmente miteinander zu verknüpfen. Diese Assoziationen bringen den Vorteil eines sehr anpassungsfähigen und kreativen Gedächtnisses mit sich. Die Autorin schreibt, dass die potenziellen Fehler eine nebensächliche Folge unseres assoziativen Erinne­rungssystems sind.


4. Gedächtnisgenies

Auf den folgenden Seiten werden Theorien dargestellt, die zu erklären versuchen, weshalb manche Menschen (wie z.B. Savants und Autisten) über besondere Gedächtnisleistungen verfügen. Darüber hinaus wird erläutert, dass man sich effizienter erinnern kann, wenn man relevante von irrelevanten Informationen trennen kann. Das heißt mit anderen Worten, dass das Vergessen sinnvolle Vorteile für die neuronale Verarbeitung mit sich bringt.


5. Lernen im Schlaf

In diesem Kapitel beschreibt die Autorin einige Studien anhand derer sie erklärt, dass Aufmerksamkeit die Voraussetzung für Lernen und Erinnerungen ist. Wir benötigen Schlaf, um Erinnerungen zu verstärken, zu reorganisieren und zu verwandeln. Außerdem bezieht sie in diesem Kapitel eine klare Stellung zu Produkten, die für eine angebliche Steigerung der Gedächtnisleistung oder zur Überwindung schlechter Angewohnheiten auf dem Markt angeboten werden. In Bezug auf eine Steigerung der Intelligenz durch Baby-Videos, Lernen im Schlaf, dem Zugang zu verborgenen Erinnerungen durch Hypnose oder der Wirkung von unbewussten Botschaften erläutert sie die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass aus diesen Bereichen keine bestätigenden Belege gefunden wurden. Sie hofft, dass die Leser diese Produkte „ […] als Möglichkeiten, uns selbst und an­dere zu beein­flussen, nur mehr als bestenfalls kreative Fiktionen ansehen.“ (S. 156)


6. Das Gehirn - ein Detektiv mit Schwächen

Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Selbstüberschätzung unserer Gedächtnis­fähigkeiten. Wie von der Autorin bereits in Kapitel 2 angesprochen, sind Menschen anfällig gegenüber Erinnerungstäuschungen und überschätzen die Sicherheit ihrer Erinnerungen. Es werden zahlreiche Studien zu psychologischen Wahrnehmungs­störungen, Gesichtserkennung und Augenzeugenberichten vorgestellt und die Ergebnisse erläutert.


7. Hochemotional

Die Allgemeinbevölkerung denkt, dass traumatisierte Erinnerungen etwas Beson­deres sind. Diese Annahme wird von Julia Shaw insofern bestätigt, dass sie betont, dass traumatische Ereignisse resistenter gegen das Vergessen sind als alltägliche Erlebnisse. Es besteht eine größere Sicherheit bei der Erinnerung, wenn diese drei Kriterien erfüllt werden:   

  1. Das Ereignis erzeugt ein hohes Maß an Überraschung.

  2. Das Ereignis hat wichtige Folgen für die Person oder die Menschen im Allgemei­nen.

  3. Das Ereignis erzeugt ein hohes Maß an emotionaler Erregung (z.B. Angst, Trauer, Wut …).

Die Autorin verweist auf diesen Seiten noch einmal auf die Erkenntnisse aus den vorherigen Kapiteln. Die meisten Menschen sind fest davon überzeugt, dass sie sich korrekt erinnern und es kommt zu einer Selbstüberschätzung. Allerdings ist dies kein Kriterium für die Richtigkeit der Erinnerung. „Erinnerungen von Menschen sind beeinflussbar, und zwar durch sozialen Druck und bestimmte Abruftechniken, die dazu führen, dass sie sich Dinge vorstellen und diese imaginierten Dinge fälsch­licherweise für echte Erfahrungen halten.“ (S. 196) Aufgrund ihrer Forschungser­gebnisse kommt Shaw zu der Schlussfolgerung: „Anscheinend ist es so, dass sich Erinnerungen für diejenigen, die sie haben, echt anfühlen und folglich auch für andere echt aussehen - sie können Teil der persönlichen Vergan­genheit der Person werden, die sich erinnert, ob sie tatsächlich stattgefunden haben oder nicht.“ (S. 197)
 

8. Das digitale Gedächtnis

Dieses Kapitel behandelt die soziale Ansteckung von Erinnerungen beziehungsweise den „Erinnerungsdiebstahl“. In der heutigen Zeit werden unsere Erinnerungen stark von den Medien und den sozialen Netzwerken beeinflusst. Die Erinnerung eines Menschen kann von den Erinnerungsfehlern eines anderen Menschen angesteckt werden. Dies kann durch die folgenden drei Punkte geschehen:          

  1. Erinnerungsverzerrung:
    Durch die Überlagerung der Erinnerung eines anderen werden die eigenen Erinne­rungen „überschrieben“.

  2. Quellenverwechslung:
    Dadurch wird man zu der Annahme verleitet, man selbst hätte diese Erfahrungen gemacht, obwohl uns jedoch lediglich davon erzählt wurde.

  3. Soziale Einflüsse:
    Dabei kommen drei mögliche Erklärungen in Frage. Entweder durch den Wunsch, sich Erinnerungen anzueignen, um an einem kohärenten und reizvollen, sozialen Austausch teilzuhaben (Zweckdienlichkeit) oder sich in einem guten Licht dastehen zu lassen (Statusgewinn). Der dritte Erklärungsansatz behandelt die Konformität. Die Autorin unterscheidet zwischen normativer und informativer Konformität. Normative Konformität bedeutet, dass wir uns einer Meinung anschließen, um nicht aufzufallen. Wir folgen einer Meinung aufgrund der informativen Konformität, weil wir glauben, dass die Gruppe es besser weiß als wir selbst. Weiter berichtet die Autorin, dass wir selbst aktiv unsere Erinnerungen in den sozia­len Netzwerken in angepasster Form veröffentlichen (posten), um uns vor den anderen in einer von uns bevorzugten Weise darzustellen. Dadurch entstehen auch in unserer Erinnerung blinde Flecken.

9. Erinnerungskrieg

In diesem Kapitel geht es um falsche Erinnerungen im Zusammenhang mit trauma­tischen Ereignissen wie zum Beispiel dem sexuellen Missbrauch von Kindern. Dazu zählt sie fünf Faktoren auf, die sie als Teile des Erinnerungspuzzles bezeichnet, welche falsche Erinnerungen an traumatische Ereignisse ermöglichen.          

  1. Ein Mangel an Skepsis,

  2. die Annahme darüber, dass es Symptomchecklisten für sexuellen Missbrauch gäbe,

  3. vorschnelle und unberechtigte Schuldvermutungen,

  4. wissenschaftlichen Analphabetismus (Fehlen über das Wissen der aktuellen Forschungsergebnisse in der Gedächtnisforschung),

  5. die Annahme, es gäbe im Untergrund satanistische Gruppen, die rituellen Miss­brauch ausüben würden.

Zu jedem der genannten Faktoren nimmt die Autorin in diesem Kapitel ausführlich Stellung. So führt sie beispielsweise an, dass in den 1980er und 1990er Jahren in den USA die sogenannte satanic panic – Zeit ausbrach. Zu dieser Namensgebung kam man, da es in diesen beiden Jahrzehnten zu einer überdurchschnittlich hohen Anzahl an Beschuldigungen kam, die mit sexuellem Missbrauch in Kindertages­stätten und Pädophilen-Ringen zusammenhingen. In dieser Zeit erschien das Buch Michelle Remembers (Pazder & Smith, 1980), in dem ein Therapeut mit Hilfe von Hypnose seiner Klientin dabei hilft, ihre angeblich verdrängten Erinnerungen wieder­herzustellen. Das Buch wurde zum Bestseller und wurde sogar Sozialarbeitern als Literatur empfohlen. Mittlerweile konnte mehrfach gezeigt werden, dass die geschil­derten Ereignisse höchst unwahrscheinlich und zum Teil sogar unmöglich so geschehen sein konnten.

Um ihre Aussagen zum Thema verdrängter Erinnerungen zu untermauern, bezieht sie sich auf die Forscherin Elisabeth Loftus, die im Bereich der falschen Erinne­run­gen eine der führenden Wissenschaftlerinnen ist. Diese zweifelt an, dass es so etwas wie verdrängte Erinnerungen überhaupt gibt. Darüber hinaus zitiert sie Chris French (2015), der ebenfalls seit Jahrzehnten in diesem Bereich forscht: „Es gibt keine glaubwürdigen Belege für das Wirken dieses psychoanalytischen Konzepts der Ver­drängung und sehr starke Belege dafür, dass die Bedingungen, unter denen Thera­pie stattfindet, in der Tat ideale Bedingungen für das Erzeugen falscher Erinne­run­gen sind.“ (S. 256). Dies behaupten auch Stephen Lindsay und Don Read: „Extreme Formen von Erinnerungsarbeit in der Psychotherapie kombinieren prak­tisch sämtli­che Faktoren, von denen man gezeigt hat, dass sie die Wahrschein­lich­keit für illusionäre Erinnerungen oder Überzeugungen erhöhen.“ (S. 256). Die Experten Lindsay und Read haben vier Faktoren veröffentlicht, die sie als Ursache sehen, wenn jemand den Versuch startet, angeblich verdrängte Erinnerungen wieder zu gewinnen.

  1. Der Therapeut bringt dem Patienten die Vorstellung nahe, dass es verdrängte Erinnerungen gäbe, man könne schlimme Erinnerungen in das Unbewusste verschieben und das führe zu dauerhaften Auswirkungen auf Ihre Psyche. Diese Argumentation des Therapeuten wird dadurch verstärkt, dass er behauptet, der Patient habe typische Symptome, die auf eine Verdrängung hindeuten wie z.B. Angst oder Depressionen.

  2. Der Therapeut sagt dem Patienten, er müsse diese Erinnerungen wiederfin­den, um die Symptome zu beseitigen.

  3. Der Therapeut stellt suggestive Informationen wie zum Beispiel eigene Anek­doten zur Verfügung, die in Richtung des angeblich verdrängten Ereignisses hinweisen.

  4. Dem Klienten werden Angaben für ein Grundtrauma gemacht. Er wird aufgefor­dert, sich etwas Traumatisches vorzustellen, um die angeblich verdrängte Erinnerung wiederzufinden.        

Obwohl die Annahmen von Sigmund Freud über verdrängte Erinnerungen, das Unbewusste und seiner „Rede-Kur“ in wissenschaftlichen Misskredit geraten sind, halten sich die falschen Vorstellungen über Verdrängung von Erinnerungen hart­näckig. So glaubten laut einer 2014 veröffentlichten Studie immer noch 6,9% der klinischen Therapeuten, 9,9% der Psychoanalytiker und 28% der Hypnotherapeuten daran, dass viele traumatische Erinnerungen oft verdrängt werden.       

Die Autorin macht ihren Standpunkt bezüglich sexuellen Missbrauchs deutlich. „Die meisten Fälle von sexuellem Missbrauch sind real, Missbrauch wird noch immer zu selten angezeigt, und es ist dringend nötig, dass wir die Stimmen der Opfer hören.“ Dennoch mahnt sie zur Vorsicht, „weil es falsche Erinnerungen an traumatische Erinnerungen eindeutig gibt, weil sie unglaublich echt wirken und weil unsere Reak­tion auf solche Anschuldigungen oft eher aus dem Bauch heraus erfolgt, als dass sie rational ausfällt.“ (S.260 f.)
 

10. Mind Games

Im letzten Kapitel geht es erneut um das Metagedächtnis ("Gefühl des Wissens") sowie um die Steigerung der Gedächtnisleistungen durch Assoziation und Bizarrheit. Die Autorin thematisiert Spiele (z.B. „Gehirnjogging“), die angeblich das Arbeits­gedächtnis und den IQ verbessern sollen. Sie stellt eine Studie zu diesem Thema vor, welche die Möglichkeit einer Steigerung der Gedächtnisleistung durch diese Spiele ausschließt. Sie geht auf Merkhilfen ein, an Hand derer man sich beispiels­weise 1000 beliebige Ziffern innerhalb einer Stunde merken kann. Beim Thema Bizarrheit geht es darum, dass die Forschung gezeigt habe, man könne sich besser an Informationen erinnern, die unerwartete Komponenten enthalten. So könne man sich besser an einen Satz erinnern, bei dem man mehr Energie aufbringen muss, um die inhaltlichen Zusammenhänge zwischen den Wörtern herzustellen („Die Kekse kreischten, als der Backofen aus dem Fenster sprang.“ S. 275). Das Kapitel endet mit einem Fazit der Autorin, in dem sie erklärt, wie sie mit ihrem Wissen über das „trügerische Gedächtnis“ umgeht und einer Danksagung.


Fazit:

Es handelt sich um ein spannendes und lehrreiches Sachbuch über die Fehler­anfälligkeit und die Manipulierbarkeit des menschlichen Gedächtnisses, das den Zeitgeist trifft. Anhand zahlreicher Beispiele aus dem Alltag und aktuellen Forschungsstudien erklärt Shaw mit erfrischender und gut verständlicher Sprache, dass sich unsere Erinnerungen verfälschen lassen können. Dabei wird deutlich, dass sich falsche von echten Erinnerungen nur schwer unter­scheiden lassen, da sie sich wie echte Erinnerungen anfühlen. Dies ist beson­ders im therapeutischen Handeln von großer Bedeutung, denn durch das Vertrauen in die Therapeuten sowie der verzweifelten Suche nach einer Erklä­rung für die momentanen Probleme, kann ein solcher Prozess verhältnismäßig leicht in Gang gesetzt werden.    

Der über diese populärwissenschaftliche Lektüre hinaus interessierte Leser kann sich tiefer mit diesem Forschungsgebiet auseinanderzusetzen, da im Anhang die über 230 wissenschaftlichen Studien und Quellenverweise aufge­führt werden.


 

Die Autorin: Julia Shaw
Gebundene Ausgabe:       302 Seiten
Verlag: Carl Hanser Verlag, München, 2016
ISBN: 978-3-446-44877-3
Preis:  22,00 Euro

Titel der Originalausgabe:



The Memory Illusion.
Remembering,
Forgetting, and the Science of False memory,
Random House Books, London, 2016

Das Buch ist mittlerweile als Taschenbuch erhältlich. ISBN 978-3453604483, € 10,99